Ehningen -
Anlässlich des Kirchentages der Gehörlosen in Ehningen gab
es im
Rathaus eine Kunstausstellung zweier gehörloser Künstler.
Spätestens
seit dem Buch von Oliver Sacks weiß man auch als Hörender, dass Gehörlose
in einer anderen Welt leben als Hörende.
Man weiß, dass die
Gebärdensprache
nicht eine bloße Übersetzung der gesprochenen Sprache ist, kein
Hilfsmittel also,
sondern eine eigenständige Sprache, hinter der auch
eine eigene Empfindungswelt steht.Viele Gehörlose empfinden
das "nicht-Hören-Können" nicht als Defizit, so lange sie
nicht mit den Schwierigkeiten zu kämpfen haben, sich in eine hörende
Welt zu integrieren. Manfred Mertz wurde gehörlos geboren, ist voll
ins Arbeitsleben integriert und hat sich inzwischen
einen Namen
gemacht als Maler phantastischer Bilder - und das darf in des Wortes
doppelter Bedeutung verstanden werden.
Die zeichnerisch und
kompositorisch ausgefeilten Bilder von Manfred Mertz zeigen eine
andere Welt, eine Welt der Ruhe,
manchmal wohl auch der Verlassenheit
und Bedrohung, aber auch eine Welt voll Schönheit und Harmonie.Seine Farbgebung,
es überwiegen
leuchtendes blau und orange, gibt seinen Bildern etwas Entrücktes,
Fremdartiges, Meditatives. Wasser spielt
eine große Rolle, Wellen,
Meer und die immer wiederkehrenden Delphine verkörpern in ihrer
Eleganz und der Selbstverständlichkeit
und Unabhängigkeit ihrer
Bewegungen etwas, das wir Hörenden vielleicht als Wunschtraum deuten
mögen, das von Gehörlosen
aber durchaus als Identifikationsmuster
gesehen werden mag. Der Mensch steht in dieser Welt aus Meer und
Felsen einzeln
oder paarweise, ist Bestandteil des Universums, aber
immer auch ein Suchender, Fordernder, Bedrohter. Die besondere Ästhetik,
die die Merz'schen Bilder auszeichnet, findet man auch in der Gebärdensprache
des Künstlers wieder, der auch als Schauspieler auftritt.
Seine Gebärdenrezitation
der Loreley von Heinrich Heine war ganz einfach ein optischer Genuß.
Die zweite ausstellende Künstlerin,
Claudia Krämer, ist Schülerin
von Manfred Mertz, nach einer eher sportlich bestimmten Laufbahn - sie
hat Fußball gespielt -
hat sie auf Grund von Verletzungen vor fünf
Jahren mit dem Malen begonnen. Ihre zartfarbigen, romantischen Bilder,
mit den Riesenrosen
und Tulpen sind technisch gekonnt und optisch
erfreulich, ebenso wie die zahllosen Putti und klassischen Figurinen a
la Venus von Milo.
Ihre Bilder sind liebenswert, ehrlich und
dekorativ.
|