Diverse Fernsehauftritte bei

Fernsehen    20.11.2001

"Sehen statt hören"

MM - Manfred Mertz  Maler

 

 

ARD  ZDF  RP  NDR  BR   HR  MDR  SR  SWR  WDR

 

Marco Lipski: Wen besuche ich jetzt? MM, das ist Manfred Mertz, der seit über 10 Jahren unter Gehörlosen und auch unter Hörenden ziemlich bekannt ist. Und das nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland. Manfred Mertz malt Bilder, wie aus seiner eigenen Welt, die er „Phantasy Art“ nennt. Aber wer er genau ist, werde ich ihn am besten selbst fragen. Bis gleich. Hallo! Manfred Mertz:

 

 Ich kenne dich; du bist ja überall dabei. Komm doch rein!  

 

 

Marco: MM - deine Ausstellungen sind unter den Gehörlosen sehr bekannt. Du bist so gut wie überall in Deutschland gewesen – bei den ersten, zweiten und dritten Kulturtagen.

 

 

Sicher gab es schon Gehörlose, die dich gerne etwas fragen wollten, 

 

 

aber sich nicht getraut haben. So werde ich dich jetzt fragen. Wer bist du? Wie bist du aufgewachsen? Und wie kamst du zum Malen?  

 

Manfred: Also gut. Mit dem Malen hat das schon im Kindesalter angefangen. Denn mein Vater war auch Maler, 

aber kein Künstler. Ich habe damals viele Farbeindrücke wahrgenommen und angefangen zu lernen, wie man Farben 

mischt.

 

Dann bin ich in die Schule gekommen, wo ein anderes Klima herrschte. Ich denke da an die orale Erziehung und die strengen Lehrer. Aber wenn es 12 Uhr war und der Malunterricht begann, war ich hellwach. Dagegen waren alle anderen Schüler absolut desinteressiert. Der Lehrer stellte die Aufgabe, einen braunen Hund abzumalen. Ich habe  ihn jedoch in rot gemalt, wogleich die anderen Schüler mir einen Vogel zeigten. Ich dachte nur – das ist meine Phantasie. Und der Lehrer war begeistert von dem Bild. Später hing man alle Bilder im Flur auf. Und eines Tages war mein Bild verschwunden. Ich weinte damals. Doch dann stellte sich heraus, dass die Putzfrau es gestohlen hatte. 

Als Entschuldigung hat sie mir dann eine Schokolade gegeben. So kam es dann öfters vor, dass ich Bilder für andere malen sollte. 

 

 

Es war damals eine schöne Zeit. Manfred Mertz hat mittlerweile viele Ehrungen bekommen. Davon zeugen viele Fotos,

 z.B. dieses von 1998 in Schweden mit Königin Silvia bei der Ausstellungseröffnung.  

Marco: Du sag mal, das Bild kenne ich doch. Ich habe es schon irgendwo in einem Clubheim gesehen, aber mit einer Frau und einem Mann eng umschlungen. Malst du das Bild 20 mal ? Manfred: Nein, so ist das nicht. Aber ich male es in verschiedenen Ausführungen. Mal so oder so. So dass die Figuren hier oder da erscheinen. Also ganz unterschiedlich.Marco: Wenn du dann hin und wieder einen Scheck ausgestellt bekommst, verdienst du sicher ganz gut. Bist du hauptberuflich Maler?

 

 

 

 

Manfred: Nein, ich bin nur nebenberuflich Künstler. Im Hauptberuf bin ich bei Daimler Chrysler tätig. Ich kann dir meine Arbeit mal zeigen. Wenn das geht? Klar, kein Problem. Dann los! Montagehalle. In diesem Werk werden LKWs zusammen gebaut. Es gibt hier mehrere Gehörlose. Aber sie arbeiten an anderen Plätzen. Marco: Mich interessiert jetzt, was er hier genau macht. Sag mal, was ist das hier? 

Fließbandarbeit? Oder Montage? Manfred: Ja, ich arbeite am Fließband. Marco: Das läuft aber ziemlich langsam. Manfred: Ja, es bewegt sich ganz langsam weiter. Wir sind mehrere Mitarbeiter, die alle verschiedene Aufgaben haben. Ich bin für die Kontrolle und die Überprüfungen der Maße zuständig. Es muss alles korrekt sein. Wenn Einzelteile beschädigt sind, müssen diese ausgetauscht werden. 

Das gehört alles zu meiner Verantwortung. Wenn alles Okay ist, kann ich den Begleitschein abstempeln. Am Ende des Fließbands, wird noch einmal alles geprüft. Und wenn es dann noch Beanstandungen gibt, muss ich dafür gerade stehen. Von daher soll alles 100 % stimmen. Was ist das? Hier stehen die jeweiligen Nummern zu den verschiedenen Teilen. Alles muss genau aufgeführt sein. Fehlt etwas, muss ich nachfragen. Manfred Mertz und hörender Mitarbeiter: Die hörenden Mitarbeiter haben sich auf Manfred Mertz eingestellt. 

Sie können sich ihm mit Gebärden verständlich machen, zumindest, wenn es um die Arbeit geht, und darum, was zu tun ist. Meister von Manfred Mertz,

 

 Christian Mühl: Ich finde die Bilder klasse. Ich finde es toll, dass er außer seiner beruflichen Tätigkeit einer solchen Tätigkeit nach geht. Was mir auffällt, sind die Farben. Er ist ziemlich auf Farben  fixiert. 

 

Sehr farbig und fantasievoll sind die Bilder.

 

Bild: Dieses Bild hängt sogar in der Cafeteria von Daimler Chrysler. Meister: Die Kommunikation funktioniert schon. Es ist aber zeitaufwändig für mich. Ich muss die Gestik, die Gebärdensprache lernen, zumindest bestimmte Teile davon. Was wir zur Zeit machen: Wir nutzen eine Dolmetscherin, die werksintern zur Verfügung steht, wenn sie da ist. Vor allem  für die Gruppengespräche, die wir alle 14 Tage durchführen. Unsere gehörlosen Mitarbeiter bekommen so die Dinge mit, die für alle wichtig sind. Grundsätzlich ist die Kommunikation zwischen 

mir und meinen gehörlosen Mitarbeitern nicht einfach, weil sie zeitaufwändig ist. 

 

Ich muss mich erst in diese Thematik hinein denken und muss auch lernen. Vor Rathaus: Bei unserem Besuch hatte MM gerade eine Ausstellung in Wörth am Rhein.  

 

Sie fand im Alten Rathaus statt, zusammen mit Werken von Künstler-Kollegen.  

 
 
   
   

Marco: Was wird hier dargestellt?

Manfred: Die Frau taucht ins Wasser und entdeckt die Muschel mit der Perle. Sie denkt sofort 

an Schmuck und Gold, was ihr sehr viel bedeutet. Sie nimmt die Perle sich und wird schwanger, 

und das ist ihr dann doch viel wichtiger als der Schmuck. Das soll dieses Bild darstellen.

Marco: Und das?

Manfred: Hier taucht ein Mann ins Wasser und träumt von der Meerjungfrau, der er sich sehr 

nahe fühlen möchte, was aber nicht geht. Denn er lebt an der Luft und sie im Wasser. So können sich 

beide nicht ganz vereinen. Und er muss dann wieder auftauchen. Marco: Dann müssen sie sich eben 

trennen. Das sieht ja sehr nach Krieg aus.

Manfred: Hinter diesem Bild steckt die Aussage, dass z.B. Amerikaner und Russen auf Erden gegeneinander kämpfen. Aber nachdem sie die Erde verlassen haben und ins All fliegen, begegnen sie sich dort und reichen sich die Hände. Es zeigt, dass sie dort friedlich aufeinander zugehen können, was auf Erden nicht so ist. Man muss versuchen,  Mauern zu durchbrechen, um sich als Menschen gegenüber stehen zu können und all die Probleme zu vergessen. Gebärdensprach-Poesie von Manfred Mertz: “Loreley“ Ich weiß nicht, warum ich so traurig bin. Ein Märchen aus uralten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn. Es weht der Wind, die Luft ist kühl und alles scheint so ruhig und rein. Die Gipfel der Berge funkeln im Abendsonnenschein. 

 

 

 

 

Bericht: Manfred Schramm, 

Moderator:  Marco Lipski, 

Dolmetscher:  Holger Ruppert,

 Kamera:  Ulli Schill, 

Schnitt:  Gerd Reichert  

 

 

 

© Copyright by MM-Manfred Mertz